PAWEL JASZCZUK

Pawel Jaszczuk-Stay Still
Stay Still
Pawel Jastczuk-High Fashion
High Fashion
Pawel Jaszczuk-Sleeping Train
Sleeping Train

SCHLAFENDE SCHÖNHEITEN

Fotografien von Pawel Jaszczuk 

 

Ist das die neueste Gucci-Kampagne oder was? Nein, aber es könnte sein. Anmutig aussehende Geschäftsleute, die sich inmitten von lässigen Accessoires und Zigarettenstummeln auf urbanem Beton ausbreiten. Sie sehen aus wie Models, die für die Kamera einen modischen Tod vortäuschen (man beachte die schicken Hemden, Hosen und Schuhe!), aber ihre Haltung ist einfach zu unauffällig. Diese japanischen Herren sind in Wirklichkeit besoffen und schlafen ihren Rausch aus. Der in Polen geborene Künstler Pawel Jaszczuk hat es sich zur Aufgabe gemacht, nachts mit dem Fahrrad durch Tokio zu fahren und mit seiner Kamera den Spuren von Morpheus und Bacchus zu folgen. Die Ergebnisse sind verblüffend.

 

Pawel Jaszczuk mag schlafende Menschen, deshalb beginnt sein Tag für gewöhnlich dann, wenn der anderer gerade zu Ende ist. Seit seiner Ankunft in Japan vor sechs Jahren, als er zum ersten Mal auf das Phänomen des öffentlichen Schlafens stieß, ist er nachts in Tokio unterwegs. Auf dem Weg zum Fischmarkt stieg er eines frühen Morgens in den Zug und fand sich inmitten von gut 25 friedlich schlummernden Japanern wieder. Etwas verblüfft sah er sich in anderen Zügen um, wo er die gleiche Szene vorfand. Also begann er, sie zu fotografieren und hat seitdem nicht mehr damit aufgehört. Zuerst Menschen in Zügen am Morgen, dann Menschen, die nachts auf Züge warten, und in den letzten zwei Jahren Menschen, die malerisch einschliefen, bevor sie überhaupt auf den Zug warten konnten, weil sie zu betrunken waren. Meistens betrunkene Männer, völlig betrunken.

 

Tokio geerdet

Das Tokio, das Jaszczuk mit seiner Kamera erkundet, ist ein irritierend stiller und friedlicher Ort. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass die gut gekleideten Döser, denen er begegnet, sich tatsächlich in der blinkenden, lauten und geschäftigen Metropole befinden, die man normalerweise kennt. Er porträtiert eine Kultur, für die der Verlust des Gesichts das größte Tabu ist, von ihrer anderen Seite. Jaszczuk, der in Polen aufgewachsen ist und in Australien lebte, bevor er in das Heimatland seiner Frau Reiko zog, sagt, dass es in Japan zwar nicht üblich ist, aber allgemein akzeptiert wird, sich zu betrinken und gelegentlich das Gesicht zu verlieren. "Sie haben die gleichen Gründe zu trinken wie wir, einige trinken wegen Problemen, andere wollen einfach nur Spaß haben. Der Unterschied zwischen ihnen und uns ist, dass sie danach auf der Straße schlafen", sagt er. "Die Gesellschaft sieht nie auf Menschen herab, die auf der Straße einschlafen. Jeder betrinkt sich von Zeit zu Zeit, also denken sie, dass es einfach zu ihrem Leben gehört."

 

Schuhe wie Ausrufezeichen

Vergessen Sie die American-Apparel-Werbung mit den blasierten Hipstern, die so tun, als wären sie ein wenig bewusstlos, das hier ist das einzig Wahre! Die Serie "stay still" zeigt die hohe Kunst des Schlafens auf den Füßen, mit nur einem Laternenpfahl, einem Poller oder einem architektonischen Detail als Stütze. Ihre Protagonisten ähneln kontemplativen Tänzern. "High Fashion" ist wirklich wie Modefotografie, nur cooler. Sie zeigt smarte, teuer gekleidete Führungskräfte in narkotischen Träumen, die selbst im tiefsten Schlummer elegant posieren, mit glänzenden Schuhen wie Ausrufezeichen. "Auf den ersten Blick sind sie einander sehr ähnlich. Aber wenn man genauer hinsieht, erkennt man viele Unterschiede, man kann sie sogar kategorisieren", erklärt Jaszczuk. 

 

Natürlich ist Jaszczuk in gewisser Weise ein Jäger, allerdings ein sehr respektvoller. "Ich für meinen Teil verurteile diese Menschen überhaupt nicht; ich mache das nur wegen des visuellen Effekts. Das hat nichts mit Japan oder der japanischen Gesellschaft zu tun. Ich respektiere das Land, in dem ich lebe, und seine Geschichte sehr", versichert er. Wenn er seine Bilder japanischen Freunden und Kollegen zeigt, lachen sie meist. "Sie können verstehen, was ich tue, und haben eine gewisse Distanz zu sich selbst, es ist nicht anstößig für sie. Die Eltern meiner Frau sind sehr traditionell. Sie finden es einfach realistisch und lustig." Also, bitte sehr, trinken Sie einen Schluck und genießen Sie - Kanpai! 

 

Text für Damn Magazin von Gunther Dietrich und Lisa Contag 

Sleeping Beauties

Photographs by Pawel Jaszczuk 

 

Is this the latest Gucci campaign or what? No, but it could be. Suave looking businessmen gracefully sprawled out on urban concrete, amidst casual accessories and cigarette butts. They seem like models faking fashionable deaths for the camera (note the dandy shirts, pants and shoes!), except their poise is just too oblivious. These Japanese gentlemen are actually hammered and sleeping off the booze. Polish born artist Pawel Jaszczuk has made it his project to cycle around Tokyo at night, following the trails of Morpheus and Bacchus with his camera. The results are intriguing.

 

Pawel Jaszczuk likes sleeping people, that’s why he usually starts his days when others’ are just about over. He has been touring Tokyo at night since his arrival in Japan six years ago, when he encountered the phenomenon of public sleeping for the first time. On the way to the fish market, one early morning, he entered the train to find himself surrounded by a good 25 peacefully slumbering Japanese. Somewhat astounded, he checked other trains only to find the same scene. So he started taking their photographs and hasn’t stopped since. First people on trains in the morning, then people waiting for trains at night and for the last two years people who fell asleep picturesquely before they even got to wait for the train, because they were too wasted. Drunk men mostly, completely inebriated.

 

Tokyo grounded

The Tokyo Jaszczuk explores with his camera, is an irritatingly silent and peaceful place. It’s hard to imagine that the well dressed dozers he encounters are actually in the blinking, noisy and busy metropolis one normally knows. He portrays a culture that considers the loss of face the worst taboo, from its other side. Jaszczuk, who grew up in Poland and lived in Australia before moving to the home country of his wife Reiko, says that while it is not a conventional thing to do, it is generally accepted to binge drink and lose it occasionally in Japan. “They have the same reasons to drink as we do, some drink because of problems; some just want to have fun. The difference between them and us is that they sleep on the streets afterwards,” he says. “Society never looks down on people who fall asleep on the streets. Everybody gets drunk from time to time so they think it is just a part of their lives.”

 

Shoes like exclamation marks

Forget the American Apparel ads with blasé hipsters pretending to be a little unconscious, this is the real thing! The series ”stay still” features the high art of sleeping on your feet, with only a lamp post, a bollard or some architectural detail for support. Its protagonists resemble contemplative dancers. “High Fashion” really is like fashion photography, but cooler. It shows smart, expensively clad executives in narcotic dreams, elegantly posing even in their deepest slumber, with shiny shoes like exclamation marks. “At first sight they are really similar to each other. But at a closer look you can see many differences, you can even categorize them,” Jaszczuk explains. 

 

Of course, in a way, Jaszczuk is a hunter, though positively a respectful one. “I for myself do not judge these people at all; I only do it for the visual effect. This is nothing against Japan or Japanese society. I really respect the country I live in and its history”, he assures. When he shows his pictures to Japanese friends and colleagues, they usually laugh. “They can understand what I do and have a certain distance to themselves, it is not offensive to them. My wife’s parents are very traditional. They just think it’s realistic and funny.” So there you go, have a drink and enjoy - Kanpai! 

 

Text for Damn Magazine by Gunther Dietrich and Lisa Contag 



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